Mein Blog
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Vor 1 1/2 Jahren waren Barbara und ich bereits hier, und es gefiel uns so gut, dass wir uns vorstellen könnten, mal ausschliesslich hierhin zu reisen und mindestens eine Woche zu bleiben. Und nun habe ich das grosse Glück, wiederum hier zu sein! Die wunderbare Wärme zu diese Jahreszeit, das Ambiente, die Sehenswürdigkeiten, die Angebote, der Friede, das alles ist einmalig hier. Ich wüsste keine Stadt, die irgendwie vergleichbar ist.
Unser Hotel Minorai Kalon liegt ideal im Zentrum der Altstadt. Mein erster Wunsch ist es, hier Seide zu kaufen und mir ein Hemd schneidern zu lassen, wenn möglich bei der gleichen Frau wie letztes Mal. Mit unserem Führer Otabek ziehen wir los und besichtigen die Medrese Mir-e-Arab aus dem 15. Jh., eine der bedeutendsten Koranschulen des Landes. Die Studenten werden noch heute hier ausgebildet. Gerade als wir da sind, wird eine Ziege aus dem Kofferraum eines PW ausgeladen. Sie wird wohl die Medrese nur noch im Magen anderer herausgetragen...
Gleich gegenüber die Moschee Kalon as dem 16. Jh, die Platz bietet für 8‘000 Personen. Und dazu natürlich eben das berühmte Minarett Kalon, das mich immer an eine riesige Pfeffermühle erinnert und fast 50 m hoch ist. Schon zu Beginn des 12. Jh. zeigte es den Karawanen - auch als Leuchtturm - den Weg. Und natürlich diente es als Ort, von dem aus die Muezzins zu Gebet riefen. Bis ins 20. Jh. diente es auch als Richtstätte. Wer zum Tode verurteilt wurde, packte man in einen Sack und warf ihn von oben aus dem Minarett.
Nun aber kann mich nichts mehr halten. Ich verlasse die Gruppe und suche das Geschäft auf, in dem ich für Hemd-Seide Ausschau halten will. Es stellt sich heraus, dass wir gestern Abend bei eben dieser Familie gegessen haben. Zudem erkennt mich die Frau wieder als Kunde vom letzten Mal. Ich suche Atras -Stoff (halb Seide, halb Baumwolle) aus, und dann gleich noch einen Baumwollstoff. Es gibt also zwei Hemden, die ich am Abend um 22:30 Uhr abholen kann. Als Muster dient das orange JW-Hemd.
Dann kommt unsere Gruppe vorbei, ich mache noch Deals mit Zigaretten, und bald gehen wir Mittag essen in einem mehr oder weniger privaten Hof. Die Sonne sticht schon sehr, wenn man nicht am Schatten sitzt. Es kann 32° werden. Zum Nachtisch dann ein Besuch im Teehaus, mit guten Gesprächen, und überall diese Verkaufsstände mit den raffinierten Verkäuferinnen, denen wir etwas abkaufen, sogar wenn wir eigentlich gar nicht unbedingt etwas wollen. Aber es sind soooo schöne Sachen überall! Vor allem Stoffe, die sich eignen zum Mitnehme. Keramik wäre viel komplizierter.
Ich komme auch wieder beim Stand des CD-Verkäufers vorbei, dem ich vor 1 1/2 Jahren 2 gute CDs abkaufe. Mit Sabir, Vater von 2 Kindern, spreche ich lange. Er spielt tagsüber meist meine Lieblings CD ab. Das sind so gute Erinnerungen und gibt gute Stimmung. Es ist Karavan von Dijvan Gasparian. Ich kaufe ihm eine weitere CD ab, für 5 US$. Er kaut Tabak mit etwas drin...
Auch Susani-Tücher sind viele da, und die Ikat-Stoffe aus dem Fergana-Tal!
Ich besuche noch das Mausoleum der Samaniden, das Schmuckstück, mit nur 10x10 m Grundfläche, von Ende 13. Jh.. Ich umwandere es wieder drei Mal im Gegenuhrzeigersinn, in der Hoffnung, wieder hierher kommen zu können.
Dann besuchen Urs, Ilse und ich die Modeschau mit usbekischen, traditionellen und modernen Damenkleidern. Es sind eher ausgefallener Sachen, die nicht im Alltag getragen werden können. Besonders faszinieren uns die grossen Models mit den langen Beinen. Dazu trinken wir ein Bier.
Dann langes Gespräch und Nachtessen im Restaurant Minzifa (auf Empfehlung der Hemdenfrau) bei Mondenschein, warmer Temperatur und Life-Klaviermusik. Sehr nette Bedienung eines jungen Kellners. Es gibt Wasser, Salat, Weisswein aus der Gegend von Taschkent, gemischten Salat, feines Brot, zur Hauptspeise Pouletfleisch, Speialität mit feiner (Weisswein-)Sauce und Reise mit Rosinen, und zum Dessert ein Stück Kuchen mit Haselnuss und Mandeln, gefüllt mit einer Buttercrème, dazu ein Gläschen Wodka oder zwei, und zum Schluss noch Kaffee. Und das alles für 15$ pro Person, Trinkgeld inbegriffen! Wir erfahren, dass man den Wodka eigentlich während des ganzen Essens trinkt, nur die Deutschen bestellen ihn erst um Schluss als Digestif. Also: Wodka schon am Anfang bestellen!
Um 22:30 gehe ich die Hemden abholen, aber sie sind noch nicht fertig. Also werden sie ins Restaurant gebracht. Sie sind sehr schön gemacht, soviel ich sehe. Eines aus Atras (halb Seide, halb Baumwolle), eines aus Baumwolle. Eine kleine Überraschung stellt sich beim bezahlen heraus: Die Frau hat in Euro gerechnet, ich in Dollar. Wir haben nicht darüber gesprochen. Macht nichts, dann kosten sie eben 130 statt 100 Dollar.
Im Hotelzimmer probiere ich sie beide an und stelle fest, dass die Knopflöcher noch nicht aufgeschnitten sind. Kein Problem, das Taschenmesser machts möglich.
Ein aussergewöhnlich schöner Tag geht zu Ende!
Buchara, das darf nicht das letzte Mal gewesen sein!
(Nur) ein Tag in Buchara!
Freitag, 4. Mai 2012